Goldhähnchentyrann Calyptura cristata

Verschollener Regenwald-Vogel in der Sammlung aufgetaucht

Sammlung

Der Goldhähnchentyrann aus den brasilianischen Regenwäldern wurde vor rund 30 Jahren das letzte Mal in freier Wildbahn beobachtet. Auch in Museen gibt es kaum Präparate dieser Vogelart. Bei der Aufarbeitung seiner Wirbeltiersammlung hat das Naturhistorische Museum Bern nun ein Exemplar entdeckt.

Der Goldhähnchentyrann (Calyptura cristata) ist eines der grossen Rätsel der südamerikanischen Vogelwelt. Man weiss sehr wenig über ihn. Er scheint nur in einem kleinen Gebiet in den Atlantischen Regenwäldern im Südosten Brasiliens vorzukommen. Ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts galt die Art als verschollen – bis 1996 brasilianische Ornithologen zwei Exemplare während ein paar Tagen in den Wäldern nordwestlich von Rio de Janeiro beobachten konnten. Seither ist kein Nachweis mehr dokumentiert. Die Naturschutzorganisation BirdLife International stuft die Art als vom Aussterben bedroht ein. Aber es ist wahrscheinlich, dass sie bereits ausgestorben ist.

Mangelhaft dokumentiert

Auch in Museen ist der Goldhähnchentyrann selten zu finden. Umso grösser war die Überraschung, als Mitarbeitende des Naturhistorischen Museums Bern bei einer Überprüfung digital archivierter Objekte ein Calyptura-Präparat entdeckten. Unterstützt durch die Initiative Schweizer Netzwerk Naturhistorische Sammlungen «SwissCollNet» der SCNAT ist das Museum daran, seine Wirbeltiersammlung weiter zu digitalisieren und aufzuarbeiten. SwissCollNet setzt sich für eine bessere Erschliessung der naturhistorischen Sammlungen in der Schweiz ein. Unterstützt vom Bund schafft es zusammen mit Museen, Hochschulen und Botanischen Gärten die Grundlagen für die Digitalisierung und langfristige Verwaltung und Nutzung der Sammlungen.

Über 100 Präparate aufgespürt

«Ein Golfhähnchentyrann in unserer Sammlung – das war eine grosse Überraschung!», sagt Manuel Schweizer, Kurator Ornithologie des Museums. Der unerwartete Fund stachelte ihn an, zusammen mit Forschern aus Brasilien und England ein Inventar aller weltweiten Museumsbelege der Vogelart zu erstellen. Über 100 Präparate konnten die Wissenschaftler aufspüren, was fast einer Verdoppelung früherer Schätzungen entspricht. Sie stammen grösstenteils aus europäischen Sammlungen. «Die meisten Belege sind schlecht dokumentiert, so dass keine Rückschlüsse möglich sind, wo die Art vorkommen könnte», sagt Schweizer. «Das gilt auch für unsere Exemplar. Wir konnten als einziges mit Hilfe alter Kataloge herausfinden, dass es in den späten 1870er Jahre in unsere Sammlung aufgenommen worden war». Das Beispiel zeige, wie wichtig es sei, dass es Standards für die Dokumentation und Aufarbeitung von Sammlungsgegenständen gebe und die Informationen in öffentlichen Datenbanken Forschenden auf der ganzen Welt zugänglich gemacht würden.