Wozu Schmetterlinge zeichnen, wenn man sie fotografieren kann? Auch wer kein Schmetterlingskenner ist, kann einen Zitronenfalter und ein rot-blaues Tagpfauenauge auseinanderhalten. Doch weiter wird es schwierig: Viele Schmetterlinge unterscheiden sich äusserlich nur durch winzige Details. Um diese für das Auge sichtbar zu machen, hebt ein Zeichner charakteristische Merkmale bewusst hervor – was eine Fotografie nicht kann.
Gute Insektenzeichner sind rar, aber am Naturhistorischen Museum arbeitet Hans-Peter Wymann, ein Meister seines Fachs. Seine Bestimmungstafeln dienen der Wissenschaft, der Betrachter empfindet sie dagegen oftmals als Kunst.
Das Naturhistorische Museum Bern widmet seinem langjährigen Illustratoren nun eine Ausstellung (11.Nov. 2014 bis 1. Februar 2015). Sie zeigt Bestimmungstafeln von Eulenfalter. Im Jahr 2000 bat ihn ein privater Gönner, die rund 600 Eulenfalterarten (Noctuidae) der Schweiz zu zeichnen. Wymann reduzierte seine Lehrertätigkeit und arbeitet heute hauptberuflich als Zeichner. Für den Bestimmungsband über die Eulenfalter zeichnete Wymann 62 Tafeln. Der Band wird in Kürze in der Reihe Fauna Helvetica erscheinen.
Um die besonderen Merkmale der verschiedenen Eulenfalterarten hervorzuheben, braucht der Zeichner eine Art «Grundplan», der immer wieder variiert wird. Der «Grundplan» zeigt zwölf Merkmale, die für das Muster auf Eulenfalterflügeln typisch sind. Bei vielen Eulenarten ist das Muster abgeändert oder fehlt ganz – auch diese Eigenheiten sind wichtig für die Bestimmung. Um eine bestimmte Eulenart darzustellen, hebt der Zeichner die charakteristischen Merkmale hervor und schwächt andere ab. Der Betrachter sieht so die Unterschiede viel deutlicher als bei einer Fotografie.