Objekte aus der Wunderkammer

Wunderkammer — Die Schausammlung

DAUERAUSSTELLUNG

Das Museum öffnet seine wissenschaftlichen Sammlungen fürs Publikum. Ein Gang durch die «Wunderkammer – Die Schausammlung» gibt Einblick in die aktuelle Sammlungstätigkeit, in moderne Untersuchungsmethoden und unersetzliche historische Sammlungen – ein aussergewöhnlicher Rundgang zu einem der drängendsten Probleme der Gegenwart.

Die wissenschaftlichen Sammlungen umfassen rund 6,5 Millionen Objekte und sind das Herzstück des Museums. In klimatisierten und bombensicheren Räumen lagern sie in den Kellern. Dort sind die kostbaren Schätze zwar gut geschützt, jedoch auch unerreichbar für die Museumsgäste. Die Dauerausstellung «Wunderkammer – Die Schausammlung» bringt einen Teil der sogenannten Nasssammlung ans Licht der Öffentlichkeit und zeigt ihre unglaubliche Bandbreite. Über 15’000 Gläser stehen in den raumhohen Regalen. 19’000 Objekte lagern darin, darunter Leguane, Fische und Krokodile, Pinguine und Insekten, bis hin zu einer Augensammlung. Eine derartige Sammlungsausstellung ist einzigartig in der Schweiz. Dabei lockt die Wunderkammer mit ihrer skurrilen Ästhetik und besticht durch ihre Vielseitigkeit. Sie ist Naturalienkabinett, Forschungsstätte, Archiv des Lebens und nicht zuletzt Zeugin der drängendsten Probleme der Gegenwart.

«Eingemachte Tiere» – wofür braucht man das?

Artensterben, Habitatverlust und Klimawandel sind die treibenden Themen der heutigen Zeit. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ihnen ist jedoch ohne naturwissenschaftliche Sammlungen nicht möglich. Sie alleine bieten die nötigen Grundlagen für Antworten, Beweise und Forschung. So ermöglichen sie unter anderem, die Entwicklung der Artenvielfalt im Verlauf der Zeit zu beobachten, oder sie liefern die einzigen Beweise für die Existenz ausgestorbener Tierarten. Die genaue Kenntnis über die Veränderung der Biodiversität – der Vielfalt des Lebens – ist zwingende Voraussetzung für deren Schutz. Denn nur was man gut kennt, kann man auch richtig schützen.

Forschungslabor mitten in der Ausstellung

Die Präparate in der Wunderkammer dienen nicht nur dem Ausstellungszweck, sie sind vor allem auch wichtige Forschungsobjekte. Sie bieten die Grundlage für viele Forschungsfragen, darunter z. B. zur Veränderung der Biodiversität, zur Bestimmung neuer Arten und zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Ökosysteme. Um solche Fragen zu beantworten, werden Objekte unter anderem genutzt für das Anlegen von Gewebeprobesammlungen und DNA-Analysen. In der Wunderkammer bieten zwei Glasfronten Einblick in ein Labor, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen DNA aus den Gewebeproben isolieren – Forschung live. 

Die Kunst des Konservierens

Der Tod ist ein unaufhaltsamer Bestandteil des Lebens und mit ihm kommen auch die Auflösung und der Zerfall der Organismen. Die Konservierung der Objekte ist deshalb eine besondere Herausforderung, da genau dieser natürliche Prozess gestoppt werden muss – und das für mehrere hundert Jahre. Das Einlegen in konservierende Flüssigkeiten wie Alkohol erhält zwar den Körper und die DNA, lässt aber die Farben von Haut, Haaren oder Schuppen verblassen und macht die Objekte unansehnlich. Mit Formalin hingegen bleiben die Farben von Haut, Haaren oder Schuppen erhalten, doch die Flüssigkeit ist stark giftig und zerstört die DNA. Doch neuste konservatorische Methoden erlauben heute die Bewahrung möglichst vieler Merkmale der Organismen. Die fachgerechte Konservierung naturwissenschaftlicher Sammlungen ist immer auch ein Dienst an kommenden Generationen, denn dank all der bewahrten Informationen können zukünftig vielleicht Fragen beantwortet werden, die wir heute noch gar nicht kennen.

Einzigartige Schweizer Fischwelt

Eine naturhistorische Sammlung ist nie fertig und auch unsere Wunderkammer verändert sich fortlaufend: Neu gesammelte Objekte kommen hinzu, andere wandern kurzzeitig ins Labor oder werden zu Forschungs- oder Ausstellungszwecken an andere Museen ausgeliehen. Eine derart aktive Forschungssammlung repräsentiert unter anderem der Fischbereich in der Wunderkammer. Die letzte Eiszeit formte die Schweizer Landschaft, wie wir sie heute kennen. Die dann entstandenen Seen stellen dabei einzigartige Ökosysteme dar. Dennoch weiss man über die Schweizer Fischwelt erstaunlich wenig. Historische Sammlungen und aktuelle Forschung dokumentieren diese aussergewöhnliche Vielfalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Dank diesem Zusammenspiel kann ihr Wandel untersucht werden – eine unabdingbare Voraussetzung für ihren Schutz.

Projet Lac und Progetto Fiumi

Die einzigartige Schweizer Fischwelt ist fragil, denn rund die Hälfte der einheimischen Fischarten sind stark gefährdet. Eine Bestandesaufnahme der Fischarten in den Schweizer Gewässern soll helfen, die Artenvielfalt und die nötigen Lebensräume zu schützen. Im Rahmen der  Forschungsprojekte Projet Lac und Progetto Fiumi – eine Kooperation mit dem Wasserforschungsinstitut Eawag, dem Bundesamt für Umwelt BAFU und dem Naturhistorischen Museum Bern – haben deshalb in den Jahren 2010 bis 2018 systematisch Fische in Schweizer Gewässern gesammelt. Etwa 20’000 Exemplare davon bilden heute die Nationale Referenzsammlung des Museums. Diese ist die Grundlage der heutigen und zukünftigen Forschung zur Schweizer Seenwelt und ihrer Biodiversität.

Steinmann-Eawag Sammlung

Diese historische Sammlung ist eine der wertvollsten Sammlungen des Museums. Sie umfasst ein breites Archiv der Schweizer Fischwelt aus den Jahren 1871 bis 1953. In den 1950er Jahren begann eine rapid ansteigende Gewässerverschmutzung, die in den 1970er Jahren ihren Höhepunkt erreichte. Grund dafür waren unter anderem ungenügende Kläranlagen sowie Gülle und neue phosphathaltige Waschmittel. Die Auswirkungen auf die Artenvielfalt der Schweizer Seen waren fatal. Die Steinmann-Eawag-Sammlung ist ein Archiv der Schweizer Fischarten vor diesem zerstörerischen Eingriff in ihren Lebensraum. Als eine der wenigen derartigen Referenzsammlungen ist sie für die Schweizer Fischforschung unersetzlich. Die historische Sammlung ging fast verloren, jedoch konnte sie in den letzten Jahren in sorgfältiger Restaurationsarbeit vor dem Zerfall bewahrt werden.

Wertvolle Sammlungen gehören zum Inventar von Museen. Auch bei uns verstecken sich insgesamt rund 6.5 Mio Objekte in den Kellerräumen.
Doch was sammeln andere ambitionierte Sammlerinnen und Sammler? Wir haben nachgefragt.
NMBE

Mit freundlicher Unterstützung von

  • Verein des Naturhistorischen Museum Bern
  • Ursula Wirz Stiftung
  • Swisslos Lotteriefonds Kanton Bern
  • Bundesamt für Umwelt BAFU
Impressum Wunderkammer

Impressum

Gesamtleitung

Christoph Beer

Projektleitung

Erich Stettler

Konzept

Stefan T. Hertwig, Lukas Rüber, Dora Strahm, Katharina Weistroffer

Szenografie

Katharina Weistroffer

Wissenschaftliche Kuration

Stefan T. Hertwig, Lukas Rüber

Ausstellungskuration

Dora Strahm

Präparation und Objekteinrichtung

Robin Böhmer, Joël Gruben, Reto Hagmann, Constantin Latt, Matteo Messina, Fabian Neisskenwirth, Emanuel Ritzmann, Martin Troxler

Produktion (alphabetisch)

Animationssfilm und Infografiken

YK Animation Studio: Fela Bellotto, Thomas Hirter, Etienne Kompis, Emilia Lamm, Joder von Rotz, Sebastian Willener, Lorenz Wunderle

Ausstellungsfotografie

Nelly Rodriguez

Bauten und Technik

Christian Bähler, Mark Bähler, Salvador Diez, Markus Holzer, Reto Küng, Denise Mast, Stepan Schlup, Thomas Schmutz, Julian Wüthrich

Beleuchtung

Mica Ostermeier (matí AG)

Bildnachweise (Fische)

Carmela Doenz, Jörg Freyhof, Andreas Hartl, David Marquez, Meta Povž, Michel Roggo, Ole Seehausen, Oli Selz

Bildnachweise (Infogratik Intro)

Bildlizenzen von Shutterstock.com

Bildnachweise (Schweizerkarte)

Bundesamt für Landestopografie

Bildung und Vermittlung

Martin Ryser

Grafik

Jonas Oehrli

Lektorat und Korrekturat

Elsa Obrecht

Marketing und Kommunikation

Sonja Delz, Anna-Pierina Godenzi, Patrizia Jaeggi

Sponsoring

Sonja Delz, Lukas Rüber, Erich Stettler

Sprecherinnen und Sprecher

Manuela Biedermann (D), Geneviève Bonnard (F), James Macsay (E)

Texte und Storyboards

Dora Strahm, wissenschaftliche Begleitung: Stefan T. Hertwig, Lukas Rüber

Übersetzungen Französisch

Henri-Daniel Wibaut, Tania Brasseur Wibaut

Übersetzungen Englisch

Maura Calzada, Lukas Rüber, Supertext AG

Wissenschaftliche Beratung

Peter Bartsch (Museum für Naturkunde, Berlin), Hannes Baur, Christian Kropf, Eike Neubert, Manuel Schweizer, Ole Seehausen (Institut für Ökologie und Evolution, Universität Bern und Eawag)

Wir danken dem Museumsverein des Naturhistorischen Museums sowie alle beteiligte Lizenz und Leihgebenden und alle Personen und Institutionen, die zum Gelingen der Ausstellung beigetragen haben.