Gollum-Schlangenkopffische: Unterirdisch lebende Fische bekommen eigene Familie

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Gollum snakeheads - Aenigmachanna gollum
"Gollum snakeheads" - Aenigmachanna gollum Ralf Britz

Lukas Rüber, Fischkurator des Naturhistorischen Museum Bern, beschreibt zusammen mit einem internationalen Team aus Deutschland, Grossbritannien, und Indien, eine neue Fischfamilie.

Im Grundwasser der Westghats, einem Gebirgszug in Indien, leben verschiedene hochspezialisierte Fischarten. Letztes Jahr wurde dort eine neue Art gefunden, Aenigmachanna gollum. Auf den ersten Blick wirkten die Fische wie Vertreter der Familie der Schlangenkopffische. Heute publizierte Untersuchungen im „Scientific reports“ zeigen nun, dass es sich dabei aber um eine neue Fischfamilie handelt.

Aller guten Dinge sind drei

Anhand von computertomographischen (CT), genetischen und morphologischen Untersuchungen konnten Rüber und seine Kollegen einige signifikante Unterschiede zwischen Aenigmachanna gollum und Vertretern der Schlangenkopffischen aus der Familie Channidae feststellen. „Besonders auffällig sind die verkürzte Schwimmblase, und das Fehlen des akzessorischen Atmungsorgan, beides definierende Merkmale der Schlangenkopffische“, erläutert der Berner Biologe. „Die morphologischen und genetischen Unterschiede waren so gross, dass wir Aenigmachanna gollum einer eigenen, neuen Familie, den Aenigmachannidae, zugeordnet haben!“

Ein lebendes Fossil

Die Forscher schreiben zudem in ihrer Studie, dass der schlanke, etwa zehn Zentimeter lange Fisch einige evolutionär sehr ursprüngliche Merkmale aufweist. Eine Erklärung hierfür könnte die Entwicklungsgeschichte des Tiers sein: Die Analyse der Stammesgeschichte zeigt, dass die neue Familie sich vor mindestens 34 oder sogar 109 Millionen Jahren von den Schlangenkopffischen (Channidae) getrennt haben. „Es erscheint plausibel, dass die Aenigmachannidae eine evolutionäre Linie sind, die das Auseinanderbrechen des Superkontinents Gondwana vor etwa 100 Millionen Jahren überlebte und dann mit dem indischen Subkontinent nach Norden driftete – man kann die Tiere daher auch als ‚lebende Fossilien’ bezeichnen, da sie noch sehr viele ursprüngliche Merkmale aufweisen“, ergänzt Rüber.

Bedrohliche Brunnen

Die besondere Lebensweise der neuen Fischfamilie könnte jedoch zu deren Bedrohung werden: Aenigmachanna gollum lebt unterirdisch in wasserführenden Gesteinen. „Diese Grundwasservorkommen werden für mehr als sechs Millionen private Brunnen genutzt – eine gesteigerte Wasserentnahme würde den Fischen buchstäblich die Lebensgrundlage entziehen“, schliesst Rüber.